Bonner Predigtpreis 2023 für Luisa Neubauer: „Bewusstsein für die Bewahrung der Schöpfung maßgeblich mitgeprägt“

Sehr persönlich und berührend hat die Klimaaktivistin Luisa Neubauer in der Bonner Schlosskirche ihre Ehrung mit dem Ökumenischen Predigtpreis für ihr Lebenswerk entgegengenommen. Luisa Neubauer ist selbst evangelisch und in der Jugendarbeit als Jugenddiakonin ihrer Gemeinde in Hamburg aufgewachsen, erzählte sie am Rande der Feierstunde. Den Preis nehme sie „stellvertretend für alle Engagierten in der Klimabewegung“ an, betonte sie und wurde in ihrer Dankesrede sehr nachdenklich und auch selbstkritisch. „Zynismus und Resignation sind die größten Gefahren unserer Zeit.“ Für ihren eigenen Lebensweg, auch ihre Haltung, am Ende auch ihren Zugang zur Kirche und Glauben spiele bis heute ihr Großmutter eine wichtige Rolle, erzählte sie. Durch ihre Großmutter habe sie erlebt, dass Predigten und auch Kirche „Kraftzentren“ seien. „Weil sie Menschen aufrichten können und einladen, bewusst zuzuhören und innezuhalten“. Das sei Voraussetzung, „damit Menschen ihre Sorge in Fürsorge verwandeln können“. 

Preisträgerin: Klimaaktivistin Luisa Neubauer bei der Verleihung des diesjährigen Predigtpreises in der Schlosskirche (Foto: Joachim Gerhardt)

„Gott nicht zum Ausputzer für Fehlverhalten und Untätigkeit des Menschen machen“

Der Vorsitzender der Jury, der Bonner Theologieprofessor Eberhard Hauschildt, begründete in seiner Laudatio die Entscheidung, schon mit jungen Jahren die „Fridays for Future“-Aktivistin Luisa Neubauer für ihr Lebenswerk zu ehren. Die 27-Jährige habe „innerhalb weniger Jahre das Bewusstsein von der gesellschaftlichen Aufgabe der Bewahrung der Schöpfung maßgeblich mitgeprägt“. Mit ihren öffentlichen Reden habe sie einen wichtigen Beitrag für die Predigtkultur der Gegenwart in der globalen Klimakrise geleistet“. Das habe die Jury überzeugt, sie als „das deutschsprachige Gesicht der Klimabewegung Fridays for Future“ dieses Jahr für ihr Lebenswerk zu ehren. Neubauers Reden und Denken enthalte „Leitmotive zu religiösen Kontexten und existenziellen Fragestellungen wie Kraft, Hoffnung und Mut sowie zum Umgang mit Ohnmacht“, erklärte Professor Hauschildt von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.

Der Preis solle sie „nicht als Heldin stilisieren“, sondern „ihre Art von Sensibilität für die Tiefen des Lebens“ würdigen. Beispielhaft sei eine Kanzelrede im Berliner Dom zum Jesuswort „Sorget nicht“ aus der Bergpredigt. Darin habe Neubauer theologisch treffend wie eindrucksvoll davor gewarnt, „Gott als Ausputzer für Fehlverhalten und Untätigkeit des Menschen zu gebrauchen“ und zugleich dafür geworben „den Glauben an eine bessere, gerechtere Welt, die möglich ist, solange wir für sie kämpfen, nicht zu verlieren“.

Der nicht dotierte Preis wird seit dem Jahr 2000 verliehen. Vor Luisa Neubauer sind als Personen der Zeitgeschichte unter anderem bereits die Theologin Margot Käßmann, der 2005 gestorbene Kabarettist und Schriftsteller Hanns Dieter Hüsch sowie der 2013 gestorbene Literaturhistoriker Walter Jens für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden.

Beste Predigt dieses Jahr eine queere Predigt

Nathalie Schuler erhielt den Preis für die beste Predigt. Schuler studiert altkatholische Theologie und hat die Jury mit einer Predigt in einem Gottesdienst in der altkatholischen Gemeinde St. Willibrord in München zum Christopher Street Day 2023 überzeugt. Die Predigt habe auf jedes Moralin verzichtet, sondern queere und nichtqueere Menschen zugleich, theologisch und rhetorisch gekonnt, angesprochen mit der biblischen Frage: „Wer bis du und was sagst du von dir selbst?“

Preisträger:innen und Jury des Bonner Ökumenischen Predigtpreises 2023 (Foto: J. Gerhardt)

Die Jury würdigte durch Professorin Angela Rinn die Predigt von Nathalie Schuler als beispielhafte Verkündigung, dass Gottes Liebe allen Menschen gelte und jedes Leben seinen von Gott geschenkten Sinn habe. Nathalie Schuler dankte für den Preis als „Mutmacher für die vielen queeren christlichen Projekte, die unterschiedlichste Frömmigkeitsstile miteinander verbinden“.

Für die Dekanin der Evangelisch-the9logischen Fakultät Professorin Cornelia Richter steht der bundesweit bekannte Bonner Ökumenische Predigtpreis für den Anspruch, dass Glauben und Verkündigung öffentlich sind und unsere Gesellschaft mitgestalten wollen. „Predigt ist eine öffentliche Rede, die neue Räume öffnet und Gemeinschaft stiftet.“ Sie freue sich, wie viele Impulse jedes Jahr neu von der Bonner Preisverleihung ausgehen.

Seit dem Jahr 2000 wird der Ökumenische Predigtpreis in Bonn verliehen, verantwortet von theologischen Institutionen an der Universität Bonn. Der Preis geht zurück auf eine Initiative des Bonner Unternehmers Norman Rentrop, Gründer des „Verlags für die Deutsche Wirtschaft“. Dieses Jahr erstmalig in Kooperation mit dem „Verlag am Birnbaum“.

(16.10.2023 / epd/ger)

  • 16.10.2023
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